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Interview mit unserem Partner HVG Tettnang

Wir haben uns mit Jürgen Weishaupt getroffen: Key Account National Leiter der HVG Tettnang. Er ist verantwortlich für den Tettnanger Hopfen und leitet die HVG Zweigstelle Tettnang. Hier findest du zur offiziellen Seite des Tettnanger Hopfens und hier zur offiziellen Seite der HVG. An dieser Stelle möchten wir uns gleichzeitig für die Zeit und das Engagement bedanken! In diesem Interview teilt Jürgen Weishaupt einiges an Wissen, Erfahrungswerten und Hintergrundinfos zum Tettnanger Hopfen mit uns, was wir dir in der folgenden ausführlichen Version präsentieren möchten:
 

Wie wichtig ist der Tettnanger Hopfen mittlerweile global betrachtet?

Dafür ist es vielleicht wichtig, ein paar Hintergründe zu kennen. Es ging in Tettnang 1844 mit dem Hopfenanbau los. In anderen Regionen Deutschlands, wie z.B. in Spalt bei Nürnberg, noch viel früher. Württemberg war damals das Armenhaus der Republik! Da der Wein- und Getreideanbau hier sehr schlecht lief, suchten findige Bürger nach Alternativen. Diese fand man im Hopfenanbau. 
Die Hopfenfläche ging dann im 19th Jahrhundert sehr schnell und steil nach oben. Es gab hier z.B. einen Pionier bzw. Privatier namens Israel Friedrich Wirt aus Stuttgart. Der hat sich damals quasi in den Hopfen verliebt, hat das Gut Kaltenberg gekauft und dort dann auf rund 40 Hektar Hopfen angebaut. Für heutige Verhältnisse ein Großbetrieb. Er hat erstmals Gerüstanlagen gebaut, hat die ersten Trocknungstechniken erfunden und vorangebracht. 1875 hat er bereits die erste deutsche Hopfenausstellung nach Tettnang geholt und auch gleich entsprechende Preise gewonnen.
Aber so richtig durchgestartet ist der Hopfenanbau dann erst nach dem 2. Weltkrieg, in den 60er und 70er Jahren, auch bekannt als die Epoche der Mechanisierung. Es ging weg von der Handpflücke, hin zur maschinellen Ernte und der Traktor hat z.B. das Pferd als „Arbeitsgerät“ vollständig ersetzt.
Die Sorte Tettnanger ist eine Landsorte, keine Züchtung! Heutzutage bestehen nur noch rund 10 % der angebauten Fläche in Deutschland als ursprüngliche Landsorten. 90 % der Hopfensorten bestehen heute aus Züchtungen. Die Landsorte Tettnanger hat dann in den 80er Jahren aus zweierlei Gründen ihre große, globale Bedeutung erreicht und das Anbaugebiet Tettnang für hochfeinen Aromahopfen weltweit bekannt gemacht.

1. Die damals größte Brauerei der Welt "Anheuser Busch" hat die Ernte der Landsorte Tettnanger praktisch jährlich aufgekauft. Hier galt der feine Aromahopfen aus Tettnang bereits als essentiell zum Brauen guter Biere und damit als Qualitätsanspruch.

2. Ähnlich galt dies für japanische Brauereien in den 80er Jahren. Die Japaner und Amerikaner waren überzeugt vom Tettnanger Aromahopfen als bester Hopfen zum Bierbrauen und hatten gleichzeitig aber auch großes Interesse am Hallertauer Mittelfrüh, gleichfalls eine Landsorte. Diese Beziehung baute sich aus und es begann eine gute und partnerschaftliche Geschäftsbeziehung. Aufgrund dieser beiden Absatzmärkte (USA, Japan) hat sich dann der Tettnanger Hopfen global einen guten Namen gemacht und wurde bekannt. Abgeordnete vom Tettnanger Hopfenverband sind dann auch in die USA und nach Japan gereist und haben die Brauereien besucht. Durch diese beiden Länder, inkl. der bekannten Brauereien, wurde Tettnang ein Begriff und letztendlich auch nach und nach eine Marke.

Heutzutage müssen wir jedoch die Landsorte Tettnanger und den Tettnanger Hopfen (als geschützten Begriff) unterscheiden. Zum Tettnanger Hopfen gehören alle ca. 30 Sorten im Tettnanger Anbaugebiet. Dazu gehören zu 50 % die Landsorte Tettnanger, dann haben wir den Hallertau Mittelfrüh, danach Züchtungen wie Perle, Tradition, Saphir, Select…, bis hin zu Flavour-Hopfen mit fruchtigen Aromen: Cascade, Ariana, Mandarina Bavaria, Blanc, Melon… last but not least die Bittersorten: Herkules und jetzt relativ neu Titan. Herkules macht mittlerweile 20 % der Anbaufläche aus.

Um auf die Ausgangsfrage zurück zu kommen. Rund 2,5% (1.500 ha) der weltweit 61.000 ha Hopfenfläche wird in und um Tettnang kultiviert. Tettnanger Hopfen geht in knapp 100 Länder dieser Erde. Rund 25% bleiben in Deutschland, ca. 75% der jährlichen Erntemenge geht in den Export.
 

Wie begann deine Zeit bei der HVG?

Aufgewachsen auf einem Hopfenbaubetrieb, bin ich jetzt 25 Jahre dabei als Leiter der HVG Tettnang. Und gerade zu Beginn meiner Zeit hier gab es ausschließlich 2 Landsorten im Anbau. Dabei gab es aber unter den Pflanzern bereits die ersten Diskussionen, ob wir uns auf die Landsorten weiterhin ausschließlich beschränken wollen oder uns im Gegensatz dazu für neuen Sorten öffnen sollen. Das Thema kam bei jeder Beiratssitzung auf. Ca. die Hälfte war unerschütterlicher Verfechter der Landsorten als ausschließliche Kernkompetenz und Markenzeichen der Region und ca. die andere Hälfte plädierte für die Einführung neuer Sorten, um das Angebot zu vergrößern.

Die zweite Hälfte setzte sich letztendlich durch, was aus heutiger Sicht gut und richtig war! Es war gut, nicht stehen zu bleiben und den Züchtungsfortschritt mitzunehmen. Ein Vorteil war nun, dass es frühe, mittelfrühe und späte Sorten gab, die unterschiedlich schnell reif werden und somit kann man die Erntezeit schon mal in verschiedene Zeitfenster einteilen. So konnte man auch pro Betrieb und pro Anbaugebiet einfach mehr Hopfen anbauen und ernten. Das ist arbeitstechnisch wirtschaftlicher. Das regionale Angebot wurde gleichzeitig verbreitert, was für mehr Nachfrage sorgte. Noch ein Punkt war die Risikostreuung, denn manche Sorten sind mal mehr, mal weniger stark gefragt. Und so sind wir durch die Historie auch heute noch mehr denn je als „Feinkostladen der Republik“ bekannt. Wir sind bei den Brauern rund um den Globus bekannt für attraktive Hopfensorten, vor allem aber für unsere Aromahopfenkompetenz, begünstigt durch das moderate Bodenseeklima.

Wie hat sich die Ernte im Laufe der Zeit entwickelt?

Die Ernte ist maschinell, früher war das noch durchgehend Handarbeit. Z.T. waren ca. doppelt so viele Handpflücker in Tettnang als es Einwohner gab. Aber die Technik entwickelt sich rasend schnell und auch heute werden Erntemaschinen immer leistungsfähiger (Pflückmaschinen, Reißgeräte, Ladewagen, Trocknungstechnik). Ein Pflanzer kann für seinen Betrieb mittlerweile mit 3-4 Erntehelfern schon die komplette Ernte bewältigen. Bei der Trocknung gibt es mittlerweile vollautomatische Verfahren über sog. Klimaboxen, die die warme und kalte Luft mixen. Das ist energieeffizienter und leistungsfähiger. Dennoch ist der Hopfen (insbesondere bei den Frühjahrsarbeiten) sehr arbeitsintensiv und ein Sprichwort sagt, „der Hopfen will das Auge des Herrn täglich sehen“.

Wie hat sich die Arbeit durch das Klima verändert?

Der Klimawandel hat Auswirkungen! Wenn ich meine „Amtszeit“ in 2x 12,5 Jahre aufteile, war der erste Abschnitt deutlich ausgeglichener, planbarer und gleichmäßiger. Das Frühjahr war i.d.R. kühl, die Sommer warm und es gab immer genug Niederschlag. Der zweite Teil meiner Amtszeit war dagegen insgesamt sehr viel heißer und trockener. Die 10 wärmsten Jahre seit Wetteraufzeichnung sind nahezu alle in jüngerer Vergangenheit. Z.B. 2013 war schon ein sehr trockener Sommer. Juni, Juli, August, diese Monate „geben oder nehmen den Hopfen“ sagt ein Sprichwort!

Wenn Wasser da ist und es nicht zu heiß wird (Anzahl der Hitzetage >30 Grad), dann funktioniert das. 2014 war ein sehr gutes Jahr. 2015 dagegen wieder trocken und heiß. 2016 war wieder gut und 2017 war nur in Tettnang gut, in der Hallertau aber schon wieder problematisch. 2018 war dann ein Extremsommer, ähnlich wie letztes Jahr 2022. Wenn ich diese Jahre so vergleiche muss man feststellen, es hat sich etwas verändert! Man merkt auch gefühlt, dass sich die Konstante verändert hat. Lange Trockenphasen und hohe Temperaturen häufen sich.

Das macht den Anbau und die Planbarkeit schwieriger. Eine Antwort darauf ist die Züchtung! Es geht nicht mehr in erster Linie um mehr Ertrag und mehr Alphasäure; es geht darum, dass wir klimatolerantere Sorten benötigen, die heißes Wetter besser vertragen. Zum Glück leisten wir seit mehreren Jahren in dieser Richtung gute Forschungs- und Züchtungsarbeit in Deutschland!
Doch hier in Tettnang sind wir im Vergleich zu anderen Anbaugebieten definitiv immer noch klimatisch begünstigt. 2022 gab es z.B. in der Hallertau Ernteeinbußen von -30 %, hier am Bodensee dann doch nur von -15 %!

Wie ist die HVG generell aufgebaut?

Die HVG wird dieses Jahr 70 Jahre alt. Es ist die größte Hopfengenossenschaft der Welt. Sie hat ihre Wurzeln in der Hallertau. Die Pflanzer in der Hallertau hatten sich zu einer Selbsthilfeorganisation zusammengeschlossen, um den Hopfen besser zu vermarkten und den Vertrieb effizient zu organisieren. Die HVG Hallertau hatte sich im Laufe der Jahre sehr gut entwickelt. Es gab aber noch andere, kleinere Anbaugebiete wie z.B. Elbe-Saale und Tettnang, die benötigten auch eine eigene Verarbeitung und einen eigenen Vertrieb! Es gab und gibt natürlich privat organisierte Handelshäuser. 2001 kam es dann zur Fusion zwischen der Erzeugergemeinschaft für Hopfen Baden Württemberg e.V. und der HVG Hallertau e.G. zur HVG e.G.. 2002 kann dann noch das Elbe-Saale Gebiet in Ostdeutschland dazu. Generell läuft das Ganze folgendermaßen ab: Die Pflanzer zeichnen Geschäftsanteile bei ihrer Genossenschaft und verkaufen dann den Hopfen an die Genossenschaft oder an andere Handelshäuser. Die Erzeugergemeinschaft hat außerdem viele Aufgaben rund um den Handel und die Hopfenverarbeitung selber wie Züchtung, Forschungsprojekte, Pflanzenschutz, Investitionsprogramme u.v.m.

So können sich die Pflanzer auf den Anbau konzentrieren und diesen optimieren. Der Hopfen wird also beim Pflanzer eingekauft und dann im Hopfenveredelungswerk in St. Johann in der Hallertau kühl gelagert, verarbeitet, veredelt, pelletiert oder extrahiert, verpackt und damit verkaufsfertig gemacht.
Wir haben aktuell 125 Hopfenbaubetriebe in Tettnang und ein Großteil der Pflanzer vertreibt seine Sorten über die HVG, jedoch auch über andere Handelshäuser. Jeder Pflanzer kann das selbst bestimmen und seine Wahl treffen. Manche Pflanzer splitten das auch auf und verkaufen z.B. die eine Hopfensorte an ein Handelshaus A, eine andere Hopfensorte dann wiederum an das nächste Handelshaus B oder eben über die Genossenschaft.

Wie steht es um die Bedeutung der Hopfenhoheiten?

Die Hopfenhoheiten sind natürlich in den jeweiligen Anbaugebieten Werbe-/Markenbotschafterinnen und Sympathieträgerinnen. Und das nicht nur für die Genossenschaft, sondern auch für die Stadt und die Region. Normalerweise sind sie 2 Jahre im Amt und haben dann in dieser Zeit rund 100 Termine. Regelmäßig fragen Brauereien an, ob die Hoheiten zu besonderen Anlässen oder Jubiläen kommen können. Sie sind Repräsentantinnen bei jeder wichtigen Veranstaltung, die mit Hopfen und Bier zu tun hat. Journalisten berichten regelmäßig über ihre Auftritte, es gibt Fotoshootings und Filmproduktionen. Manchmal gibt es auch größere Veranstaltungen, zu denen sich dann alle Hoheiten aus diversen Anbaugebieten treffen und austauschen. Unsere aktuellen Hopfenhoheiten Anja, Carolin und Hannah waren nun aufgrund von Corona 4 Jahre lang im Amt und am 21. Oktober findet dann der nächste Hopfenball statt und damit auch die Neuwahl der nächsten Generation.

Wie empfindest du die Zusammenarbeit mit Hopfen und mehr?

Wir als HVG verkaufen den Hopfen an nationale und internationale Großbetriebe und größere Brauereien. Hopfen und mehr bedient dagegen vielmehr den privaten Hobbybrauer, also auch kleinere Haushalte. Die HVG könnte logistisch nie den Verkauf an Privatpersonen zusätzlich stemmen. Deswegen ist es wirklich toll, dass Hopfen und mehr sich auf den Vertrieb von Rohstoffen an Hobbybrauer spezialisiert hat!

Ich habe es auch schon immer als extrem positiv und passend empfunden, dass wir hier so direkt in der Nähe und mitten im Tettnanger Hopfenanbaugebiet ein Unternehmen haben, dass den Hopfen sogar im Firmennamen trägt und unsere Sorten so proaktiv verkauft. Das passt einfach super in den Kontext dieser Region und so haben noch mehr ambitionierte Bierliebhaber die Chance, auch gutes Bier zu Hause herzustellen. Wir freuen uns auf eine gute und langfristige weitere Zusammenarbeit!


 

Braumarkt GmbH
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